Ein dreifacher Jesus? War der erste Gedanke. Das Abbild der SS. Trinità, allgegenwärtig auf Altären, Wimpeln, bei Prozessionen. Drei sitzende bärtige Gestalten in gleicher Tracht, die jeweils linke Hand hält die Heilige Schrift, die Rechte ist erhoben zum Zeichen der Dreifaltigkeit – Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger ausgestreckt.
Dieses hier so verbreitete Bild geht zurück auf eine Darstellung, die in Vallepietra aufbewahrt wird. Im Heiligtum der SS. Trinità, einer Felskirche aus dem 5. Jahrhundert, ein auf 1337 m Höhe gelegener Wallfahrtsort, wird ein Fresko aus dem 12. Jahrhundert verehrt, das die Dreifaltigkeit als drei identische Personen zeigt. Alljährlich im Juni führt aus allen Orten im Umkreis ein Pellegrinaggio, eine Wallfahrt dort hinauf.
Zurück zum dreifachen Jesusbild. Eine alte, traditionelle Form der Dreifaltigkeitsdarstellung, die sich hoch oben in den Bergen von Vallepietra erhalten hat und bis heute hier in dieser Gegend verehrt und angebetet wird. Während die uns heute vertraute Form der Darstellung den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist ganz anders interpretiert. Doch auf älteren bildlichen Darstellungen werden durchaus drei gleich aussehende junge Männer nebeneinander dargestellt.


Gott in drei Personen, die Wesenseinheit von Gottvater, dem Sohn und dem Heiligen Geist – wie stellt man das bildlich dar? Dass Gott zugleich Vater (der Schöpfer), Sohn (Jesus, der Mensch geworden ist) und der Heiliger Geist (der Weisheit, Glauben und die Liebe schenkt) sein kann? Das ist nicht nur eine kunsthistorische Frage, sondern ein komplexes theologisches Problem. Die Darstellung dreier gleicher Figuren kann durchaus missverstanden werden, da das Christentum ein monotheistischer Glaube ist. Aber auch ganz abstrakte Formen – wie das Dreieck – sind üblich, im Mittelalter schon.
Aber diese Fragen stellen sich den Pilgern vermutlich nicht. Nun kehren sie zurück. Zweimal 70 km in drei Tagen, hinaus bis auf 1400 m über Null. Aufregung herrscht, wenn die Pilger zurückerwartet werden – zu Fuß, zu Pferd, mit Sack und Pack, müde, singend, schiebt sich der Tross zurück in den Ort, durch die engen Gassen, begleitet von der Standarte der SS. Trinità die mit einer Prozession zurück auf ihren Platz in der Kirche getragen wird. Ein Fest.