Bei der Olivenernte ist vieles anders als man denkt.
Erstens: Man wartet nicht bis alle Oliven reif und dunkel sind. Und es gibt keine grünen und schwarzen Sorten – entscheidend für die Farbe ist allein der Reifegrad.
Zweitens: Man erntet nicht alle Oliven auf einmal und dann wird gepresst. Die Oliven sollten möglichst innerhalb von 24 oder maximal 48 Stunden in der Presse sein, sonst beginnen sie zu fermentieren.
Drittens: Das pressen des Öls ist nicht so romantisch wie man es sich vielleicht vorstellen mag. Nachts (abends oder nachts, weil tagsüber alle bei der Ernte sind) im Frantoio geht es zu wie auf eine Güterbahnhof.
Ein Grundstück mit rund 300 Olivenbäumen haben meine Freunde in Olevano Romano im letzten Jahr gekauft. Zusätzlich zu jenen, die sowieso schon auf ihrem Grundstück stehen. Seit einer Woche dauert die Ernte jetzt schon, und es ist noch kein Ende abzusehen.
Die Sorte: Rosciola. Relativ klein, erst grün, dann rötlich (daher der Name) und dann schwarz. Bei der Ernte findet man alle Farben im Korb. Es gibt mehr als vierhundert Olivensorten in Italien. Seit dem vierten Jahrtausend v. Chr. wird der echte Ölbaum im Mittelmeerraum angebaut und ist damit eine der ältesten Kulturpflanzen der Welt. Nicht nur in der Bibel ist der Ölbaum zum Symbol geworden.
Der Zeitpunkt der Ernte ist von vielen Faktoren abhängig. Vom Wetter und Klima. Wenn die Oliven vom grün langsam ins rötliche changieren ist es soweit. Biologisch angebaute Oliven werden in der Regel früher geerntet, weil sie anfälliger für verschiedene Schädlinge sind. Und wie viele Kilo Oliven hängen an einem Baum und wie viel Öl bekommt man raus? Auch das hängt von vielen Faktoren ab. Wenn die Oliven noch grün sind haben sie ein höheres Gewicht aufgrund ihres noch großen Wassergehalts. Erntet man später, ist der Ertrag größer, aber es schwindet auch die Qualität. Ganz grob kann man rechnen: 10 kg Oliven bringen einen bis eineinhalb Liter Ertrag. Bis zu 80 kg Oliven hängen auf einem Baum bei unserer Ernte in diesem Jahr.
Geerntet wird, in unserem Fall, mit der Hand. Einziges Hilfsmittel ist ein langer elektrischer Rechen, mit dem man an die Zweige hoch oben in den Bäumen kommt. Unter den Bäumen werden große Netze ausgebreitet und an den Enden mit Schilfrohr abgestützt, damit die kostbare Ernte nicht den Hang hinunter rollt.
Am Ende des Tages wird alles eingepackt. Im Oktober heißt das, um spätestens 16 Uhr wird Schluss gemacht, denn um fünf verschwindet die Sonne hinter dem Berg und es wird feucht und empfindlich kalt. Bis dahin müssen alle Kisten mit dem Oliven den Hang hoch getragen sein, die Netz grob gesäubert und eingerollt, der Klapptisch und die Stühle wieder im Auto verstaut.