Ninfa

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Ninfa. Poetischer und treffender könnte der Name nicht sein, die Gegenwart der Nymphen spürt man überall. Auf einen antiken Ursprung geht der Name zurück, ein Tempel der Nymphe geweiht stand an diesem Ort, keine Spur ist mehr zu sehen, da wo heute der See liegt und Seerosen blühen vermutet man ihn.

Sterbestimmung hat in Ninfa noch in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts geherrscht. Da war alles Wildwuchs und Fiebersumpf, die Ruinen von gierigen Schlinggewächsen umwuchert, Melancholie des Preisgegebenen, das die Natur sich zurückgewinnt. Jetzt ist die Stechfliege ausgerottet und das Land entwässert, außerhalb der Stadtmauern wachsen Pfirsichkulturen, im Inneren des alten Bezirks wird der Verfall gleichsam in der Schwebe gehalten, schöne Vergänglichkeit, nicht Chaos, leise Bedrohung, nicht wilder Raubgriff der Natur* schreibt Marie Luise Kaschnitz in den fünfziger Jahren.

Heute hat der Tourismus Einzug gehalten, das Ticket kauft man online, bis zu 300 Besuchern pro Stunde besuchen an einem strahlenden Sonntag die schöne Vergänglichkeit. Seit dem frühen Mittelalter im Besitz der Familie Caetani erweckt eine amerikanische Prinzessin diesen Ort im 19. Jahrhundert zu einem neuen Leben. Marguerite Chapin oder Marguerite Caetano (1880-1963), Schriftstellerin, Kunstsammlerin und Mäzenin, Herausgeberin der Literaturzeitschrift Botteghe Oscure, hat den romantischen Garten kreiert.

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Ein englischer Landschaftspark mit punktueller mediterraner Vegetation – so sticht zwischen dem saftigen Grün und dem strahlenden Rosa der Kletterrose hie und da ein Orangenbaum hervor. Die Faszination der üppigen Parklandschaft inmitten der mediterranen Vegetation – jetzt im Frühling blüht alles rund herum… wie viel größer muss der Kontrast im Sommer sein, wenn die Dürre herrscht, das matte Silbergrün der Kaktusfeigen und das monotone Zirpen der Zikaden die Landschaft überziehen, und im Garten ein feuchtes Strahlen in atmosphärischem Grün.

Eine weitere Verflechtung mit einer Italienreisenden taucht auf: Ingeborg Bachmann besucht die Familie Caetani in ihrem Palast in Rom und auf dem Land; mit Marguerite Caetano teilt sie die Literaturbegeisterung und zeigt sich für die Zeitschrift Botteghe Oscure mitverantwortlich.

Doch die wahre Faszination geht von der Geschichte aus. Und wir kommen auf Marie Luise Kaschnitz zurück – die magische Geschichte der Sumpflandschaft, ein blühender mittelalterlicher Ort, zurückgelassen im malariaverseuchten Land – für Jahrhunderte hatten die Natur und die Nymphe die Oberhand… es war die amerikanische Prinzessin, die diesen Ort erneut verwandelte und einen zauberhaften Garten schuf. Die Natur dominiert noch heute die Reste der mittelalterlichen Kultur, die künstliche Ruine des Landschaftsparks braucht man nicht, sie ist schon da. Kontrollierte Unordnung.

* Engelsbrücke. Römische Betrachtungen, 1955