Rimini

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Auch Rimini ist ein Sehnsuchtsort. Ziel der italienischen Reise. Sechziger und siebziger Jahre. Im Volkswagen über die Alpen, in das Ferienparadies an der Adria. Ich war zum ersten Mal im November dort, vor ein paar Jahren. Am langen Strand die absolute Melancholie.

Zugenagelte Baracken trennen den Strand von der langen Reihe der Hotels. Eingepackte Meeresungeheuer zeugen von dem sommerlichen Meeresparadies. Es ist die beste Jahreszeit, wenn man flanieren und über diese merkwürdige Ferienausgeburt philosophieren will. Badetourismus ist ein merkwürdiges Wort. 15 Kilometer Strand, 1200 Hotels – im Sommer reiht sich Sonnenschirm an Sonnenschirm. In der Nachsaison erinnern die Baracken entlang der Uferpromenade an Long Island oder Los Angeles.

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Als 1842 das erste hölzerne Seebad an der Adria eröffnet wird, war vom Massentourismus noch keine Spur. In den folgenden Jahrzehnten und dann mit der Errichtung des Grand Hotel im Jahre 1908 entwickelt sich Rimini zu einem noblen Badeort. „Das Grand Hotel stand für Reichtum, Luxus und orientalische Üppigkeit“ schreibt Federico Fellini in einem Buch über seine Heimatstadt. In den 50er Jahren sorgt die kommunistische Stadtregierung dafür, dass das ehemals adlig-elegante Seebad einer demokratischen Erholung weicht: Auch Arbeiter und einfache Leute reisen nun zum Urlaub an die Adria. 1966 wird Rimini an das Autobahnnetz angeschlossen und damit an die nagelneue Brennerautobahn: Bahn frei für den Teutonengrill.

Aber es gibt auch ein anderes Rimini. Die Innenstadt, die ursprünglich viel näher am Meer gelegen war. Römische Bauwerke. Der Triumphbogen. Die bis heute vom Autoverkehr genutzte römische Brücke, der Ponte di Tiberio. Der ehemalige Decumanus Maximus dient als Flanierzeile der Stadt. Hier beginnt die Via Flaminia, verbindet Rom seit der Antike mit der Adria, und führt über die Ponte Milvio in das Herz von Rom hinein. Die Piazza del Popolo ist das andere Ende der antiken Autobahn. Im Mittelalter beherrschten die Malatesta di Stadt. Es entsteht ein Bau, der als einer der ganz wenigen Alberti zugeschrieben wird, ein Dom, der dank seiner antiken Formensprache Tempel genannt wird: Tempio Malatestiano. Eine Kirchenfassade, die die Sprache eines antiken Triumphbogens spricht – was der Bauherr, Sigismondo Malatesta, der sich hier im übrigen auch bestatten lies, für ein Selbstbewusstsein gehabt haben muss.

Heute ist Rimini seltsam zweigetrennt. In der schmucken Innenstadt vom Badetourismus keine Spur. Oder kaum. Eine Möwe fliegt über den Platz. Die neueste Bademode der Saison. Oder der Fischmarkt, eine Markthalle, umwerfend das Angebot. Die Bahnlinie Bologna-Ancona, mit deren Errichtung 1861 der eigentliche Massentourismus seinen Anfang nahm, trennt heute die Altstadt von der Sommerferienstadt.